.

Wesa

.
.

Wie jedes Kind habe ich in frühsten Jahren mit dem Eisenbahn spielen begonnen. Zuerst eine Holzeisenbahn, bestehend aus Dampflokomotive, Personenwagen und Güterwagen die ich durch die Wohnung geschoben habe. Schon früh interessierte ich mich jedoch für die elektrischen Eisenbahn meines Vaters, eine WESA. Mein Vater hatte zwei RE 4/4 "150" und einige Personen- und Güterwagen.

 

Wesa201.JPG (56132 Byte)Der Katalog aus den Jahre 1961 war mein grosses Wunschbuch. Leider wurden nur wenige der Wünsche erfüllt, denn wir konnten nicht so viel Geld für Spielsachen und die Eisenbahn ausgeben. Man darf sich heute von den Preisen nicht irritieren lassen. Eine 3-Zimmer-Wohnung kostete damals auch „nur“ Fr. 250.-- und im Vergleich dazu sind die Fr.117.-- für den „Gotthard-Express“ eine rechte Menge Geld. Ein Umstand, der mir erst später bewusst wurde ist, dass die Produktion der WESA 1966 eingestellt wurde, also als ich sieben Jahre alt war.

Die WESA AG wurde 1945 in Inkwil im schweizerischen Oberaargau (Kanton Bern) gegründet und stellte Modelleisenbahnen mit 13 mm Spurweite her. Die ersten Loks und Wagen hatten einen Maßstab von ca. 1:110 und wurden mit Wechselstrom betrieben. Ab 1950 erfolgte dann die Umstellung auf Maßstab 1:100 als Modelleisenbahn mit Fernsteuerung (Gleichstrom). Bemerkenswert war für die damalige Zeit, dass die WESA-Bahn bereits 1949 in über 70 Länder exportiert wurde.

Wesa202.JPG (56865 Byte) In erster Linie wurden Modelle nach Schweizer Vorbildern gebaut. Allerdings findet sich auch eine Lokomotive nach französischem Vorbild und zwei belgische Güterwagen auf den Markt. Highlight aber war eine mehrteilige amerikanische Diesellok mit Domeliner-Wagen. Auch je ein Speise- und ein Schlafwagen der ISG wurden angeboten. Der letztere war dann ab etwa 1960 auch noch im roten DSG-Anstrich erhältlich.
Um die engen Kurvenradien zu meistern, wurden solche Modelle stark verkürzt. Längenmäßig waren sie oftmals näher am Maßstab 1:120 als bei 1:100. Dies galt auch bereits 1952/1953 für den roten Pfeil, der statt der erforderlichen 22,4 cm gerade mal 21 cm lang war. Millimetergenaue 1:100-Länge wies bei den Lokomotiven eigentlich nur die Ae 6/6 auf. Wie auch alle andern Loks war sie zudem etwas überhöht (höhere Fensterpartie), damit der Motor unter dem Dach Platz fand.

Wesa203.JPG (69920 Byte)Die Produktion und der Vertrieb der Modelleisenbahnen dauerte bis 1966. Mitte der 60er Jahre verlor sich, aufgrund der gerade neu eingeführten Spurweite N (1:160 / 9mm), langsam das Interesse vieler Modellbahner, was zur Einstellung der Produktion führte. Ab diesem Jahr begann man bei WESA mit der Produktion von kleinen präzisen Teilen für die Elektro-, Uhren- und Apparate-Industrie. Heute entwickelt und produziert die WESA AG Kunststoffspritzteile aller Art für Kunden in der Schweiz und im EU-Raum.

Doch die Produktion der WESA-Bahn lief - bis auf eine Lücke von 1973 bis 1975 - weiter. Dank des unermüdlichen Einsatzes von Wesa-Bahnern, fand sich immer wieder jemand, der die Formen und die Produktion übernahm:

Wesa204.JPG (73899 Byte)1966 - 1967: E. Aerni, Wimmis
1967 - 1973: Puppenklinik Peter in Olten
1975 - 1982: Baer, Lenzburg
1982 - 1984: O. Niedermann, Uzwil
1984 - 1999: H. Fraefel, Uzwil

Seit 1999 sind sämtliche Formen und Werkzeuge im Besitz von:

Ernst Zuberbühler, Hohlandstr. 3, 8404 Winterthur    

Neben den zwei RE 4/4 hatte mein Vater auch die Personenwagen 211, 212 (2x in rot) und 221

 

Die beiden RE 4/4 "150" waren der stolz meines Vaters. Die beiden Loks waren eigentlich identisch, doch mein Vater hatte eine der beiden umgebaut. Ein anderer Pantograph hatte er anstelle des WESA-Pantografen auf das Dach montiert dieser war Oberleitungstauglich. Die originalen Pantogaphen der ersten RE 4/4 waren nicht geeignet für Oberleitungen. Erst die späteren Versionen hatten solche die tauglich waren. Den kleinen Umbau, um die Stromabnahme zu gewährleisten, machte mein Vater mit links, denn er was ein begnadeter Hobby-Elektriker. Oberleitungen zu der WESA gab es nicht, mein Vater fand jedoch von Vollmer Oberleitungen die passten. So konnte die Re 4/4 mit einem zweiten Stromkreis auf dem gleichen Schienenstrang eingesetzt werden wie eine andere Lok. 

Schon zu Weihnachten 1963 erhielt ich als Weihnachts-geschenk die Lokomotive „160“ als meine erste eigene Lok. Die kleine „160“ ist mir auch heuten noch die liebste Lok denn sie fährt am besten. Als keines Kind durfte ich nur unter der Aufsicht meines Vaters den Trafo bedienen. Ich verwendete die 160er immer als Güterzuglokomotive. Die Wagen 280 und 253 wurden immer von der Dampflokomotive gezogen. 

Die Dampflok hatte ihre besonderen Eigenschaften. Nach eine Kontrolle oder Revision mussten die Pleuelstangen gut justiert werden. Wenn dies falsch gemacht wurde so schaukelte sich die kleine Lock auf konnte von den Schienen fallen.

   
 

Von den Wagen der 211er Serie hatte ich in rot (2 Stück) und einen in grün. Der Grüne wurde von meinem Vater umgebaut und mit Licht ausgestattet. Dazu wurde je ein Rad durch ein Messingrad ersetzt. Der Trick bei der Sache war, dass dadurch je ein Drehgestell positiv oder negativ geladen war. Wenn der Wagen hinter die Lock gehängt wurde gab es einen kurzen. So musste immer ein neutraler Wagen dazwischen gehängt werden. Als Kind wollte ich immer noch einen blauen Wagen haben und so alle drei von WESA angebotenen Farben. 

Als keines Kind durfte ich nur unter der Aufsicht meines Vaters den Trafo bedienen. Wenn mein Vater nicht dabei war – ja dann musste eine andere Lokomotive her. So erklärte ich kurzerhand den Gepäckwagen „221“ zur Ersatz RE 4/4 und spielte ohne Strom.

Der Wagen 230 mit seinen drei Ovomaltine-Kisten war und ist mein liebster Güterwagen. Leider ist vor Jahren eine der Kisten abhanden gekommen und ich habe nur noch zwei. Mit dem Weiacher-Kieswagen sind das die einzigen vierachsigen Güterwagen die ich anfänglich besass. Später kamen zwei ältere Wagen noch dazu die noch aus der ersten Serie stammten. Aus dem Nachlass von Jules Seiler konnte ich einige Wagen und eine Lokomotive übernehmen. Die Wagen waren aus Holz und die Lok lief mit Wechselstrom, zu allem Überfluss waren die Schienen noch vom alten Typ. Leider habe ich die Lok des undefinierten Typs nicht mehr. Für die schienen habe ich vier Übergangsstücke erwerben können und so eine Verbindung mit meinen herstellen können. 

Wesa206.JPG (75154 Byte)Abgekämpft sieht sie schon aus die 160er. Den "Grosseinsatz" hat die ganze WESA-Bahn jede Jahr zu Weihnachten. In der Zeit der Jahreswende hole ich immer die Teile aus dem Keller und baue eine kleine Anlage auf. Lange Jahre. als ich noch Single war, habe ich dies jedoch nicht getan. Als ich die Teile wieder heraufholte musste ich jedoch Feststellen, dass viele mit Rost bedeckt waren. Seitdem lagere ich die Teile in meiner Wohnung wo das Klima etwas besser ist. 

   

Wesa207.JPG (76799 Byte)Mein Traum war immer eine Modellbauanlage zu erstellen. Märklin, Fleischmann und Lima Anlagen waren dabei meine Vorbilder. Doch mit einer WESA ist so etwas nicht machbar. Als angehender Modellbauer war mit die detailtreue der WESA zu gering. Auch passte der Maasstab nicht mit den Faller und Kribi Häusern zusammen. Ein weiteres Problem war, dass auf der technischen Seite die WESA zu unzuverlässig war. Die Güterwagen konnten nur mit Mühe rückwärts über eine Weiche geschoben werden. Dies liegt vor allem daran, dass die moderneren Wagen einen Kunststoffunterbau hatten. Diese klemmten die Achsen so stark ein, dass die Reibung zu gross wurde. 

Wesa208.JPG (75126 Byte)Das Abkuppeln bietete ebenfalls Schwierigkeiten, ganz zu schweigen von der Hindernissen mit den Synchronen und Asynchronen Kupplungen. Ein weiteres Problem war auch, dass ich nur acht Weichen hatte von denen aber nur die Hälfte zuverlässig liefen. Zu allem Überfluss waren sie noch von verschiedenen Bauarten. 

Zwei 257M Wagen konnte ich als Bausätze erwerben und zusammen bauen. In Basel hatten in den siebziger Jahren nur einige Geschäfte WESA-Eisenbahnen. Ein Geschäft an der Güterstrasse und eines in der Steinenvorstadt sind mir noch bekannt. Den 265M habe ich im Ausverkauf in der Steinenvorstadt erworben, es war ein Occasions-Modell. 

Ich weiss heute nicht mehr wer mein Schulfreund war der auch eine WESA-Eisenbahn hatte, aber er orientierte sich um. Seine WESA hat er daher mir zum Kauf ange-boten. Ich kratzte mein ganzes Taschengeld zusammen und mach-te mich auf den Weg zu meinem Schulfreund. Drei Ae 6/6, eine sogar zweimotorig, und drei Schnellzugwagen 210 und ein Schlafwagen, ca. 12 211er Wagen sowie diverse Güterwagen, Schienen und zwei Trafos waren meine Ausbeute. Beim Verhandeln des Kaufpreises muss ich wohl recht geschickt gewesen sein, denn als mein Vater die Ausbeute sah und erfuhr was ich bezahlt hatte setzte er sich sofort mit dem Vater meines Schulfreund in Verbindung. Doch das Geschäft blieb bestehen, mit einem Schlag hatte ich mein WESA-Inventar verdoppelt. 

Wesa205.JPG (75761 Byte)Meine drei Ae 6/6 waren mein ganzer Stolz. Die zweimotorige Ae 6/6 lief dabei am besten, zugkräftig und laufruhig. Die längsten Güterzüge konnten gezogen werden und auch Personen-züge mit mehr als nur den üblichen drei "211er" Wa-gen. Viele - nein fast alle Lokomotiven und Wagen hatten keine Originalverpackungen mehr. Nur die von meinem Vater übernommenen Teile waren auch mit Schachteln ausgerüstet. Alle anderen Teile wurden in Pralinenschachteln aufbewahrt. Pralinenschachteln hatten die ideale Grösse.


- Last update: 6. April 2017 Written:  6. December 2005 - -
- Corrections, additions and remarks please send to the Web master Michael E. Fader -
- If information from this site is used as source material please credit www.wings-aviation.ch  -
- If this page does not have a navigational frame on the left, click HERE to see the rest of the website. -